Ist der Veranstaltungstechniker schizophren? Diese Frage, die mir die Journalistin Claudia Nuara an einem Dezember-Nachmittag während unseres Kaffeetreffens stellt, mag provokant erscheinen, ist aber nicht weit von der Wahrheit entfernt. Nach einem ersten Lachanfall gebe ich zu, dass wir Schattenmänner das Rampenlicht lieben, jedoch sorgfältig vermeiden, es zu betreten. Wir sind begeistert davon, „Teil der Show“ zu sein, aber wir stellen uns zu Diensten des Künstlers, Veranstalters oder des Redners. Wir sind die wesentliche Verbindung zum Erfolg, jedoch ist es wichtig, dass niemand das erkennt. Ja, wir sind schwarz gekleidete Männer und Frauen, die im Dunkeln arbeiten, um nicht gesehen zu werden.

Nicht aufzufallen ist ein wahres Talent, sagt mir Claudia schelmisch. Es ist auf jeden Fall ein Know-how und nicht nur technisch. Das unterscheidet den Veranstaltungstechniker von den anderen Technikern: Das Menschliche spielt eine Schlüsselrolle in diesem Beruf. Die grundlegende Frage ist zu wissen, wie und für wen wir diesen Job machen.

Es geht darum, ein globales Verständnis zu schaffen, nicht nur das eines Spezialisten.

Als Veranstaltungstechniker versuchen wir zu verstehen, was Sie wollen und wie Sie arbeiten. Es ist eine Enge Zusammenarbeit mit der betroffenen Person, sei es ein Künstler auf der Bühne oder ein Politiker mit seinem Powerpoint. Es geht darum, ein globales Verständnis zu schaffen, nicht nur das eines Spezialisten. Der Veranstaltungstechniker ist derjenige, der die Verbindung herstellt zwischen dem Spezialisten, dessen technischer Sprache und dem Veranstalter, der gerade diese nicht beherrscht. Wir bestehen darauf, dass die Vorstellungen der betroffenen Person integriert werden.

Wo ist die analoge Taste, mit der das Licht eingeschaltet werden kann, wenn der Server ausfällt?

Okay, aber die Technologie entwickelt sich immer schneller. Vielleicht hat der Veranstaltungstechniker mal nicht mehr das Niveau, meint Claudia. Sicher, wenn die Nachfrage sehr spezifisch ist, benötigen wir Spezialisten. Jedoch machen drei Spezialisten nebeneinander die Arbeit nicht. Es braucht jemanden, der das ganze Projekt versteht. Und für mich ist es angesichts der technologischen Fortschritte und allen verfügbaren Möglichkeiten unerlässlich, für das einfache zu kämpfen. Unsere Aufgabe ist es, uns zu überlegen, ob es wirklich notwendig ist, dass alles so komplex ist. Es gibt so viele Fehlermöglichkeiten, beispielsweise bei der Prozessautomatisierung. Ist es nicht besser, die Sachen nacheinander zu machen? Nur weil die Technologie zur Verfügung steht – wie zum Beispiel Zugriff auf das Internet auf einem Tablett oder die Apps – heisst es nicht, dass man sie benutzen muss. Stellen wir uns die Frage: Wo ist die analoge Taste, mit der das Licht eingeschaltet werden kann, wenn der Server ausfällt? Der Veranstaltungstechniker muss sich dieses Problem immer überlegen.

Veranstaltungstechniker ist kein normaler Job, oder? Neckt mich Claudia während sie ihren zweiten Espresso schlürft. Vor zwanzig Jahren betrachtete man den Techniker als eine Art Alternative, der seinen Weg nicht gefunden hatte und der nicht so gute Kenntnisse hatte und man glaubte von ihm, dass er weder die Texte von Erik Satie noch die Regeln der Galanterie kennt.

Ein klares Profil

Seit der Einführung des Eidgenössischen Veranstaltungstechniker-Diploms im Jahr 2000 und der Validierung des Ausbildungsprogramm für EFZ Veranstaltungsfachmann/-frau im 2011 hat unser Beruf endlich ein klares Profil bekommen, und jeder Arbeitsgeber weiss jetzt, dass ein Veranstaltungstechniker nicht nur jemand der „im Metier arbeitet“ ist. Er hat in allen Bereichen der Branche Kenntnisse erworben und ist in der Lage, alle Aspekte eines Anlasses zu verstehen, was auch immer es sein mag.
Der Beruf hat sich also institutionalisiert und die Frage ist zu wissen, in welche Richtung er sich entwickeln wird. Sicher ist, dass der Veranstaltungstechniker derjenige ist, der die Verantwortung gegenüber dem Künstler und dem Publikum trägt. Und dass es immer diesen „live“-Moment geben wird, der den Job prickelnd macht. Jedoch erzeugt diese grosse Verantwortung Stress, ein Faktor, der früher als normal angesehen wurde, und der jetzt den Lehrlingen bekannt gemacht werden muss.
Wie? Das wird das Thema eines anderen Kaffees sein, meine liebe Claudia!

Laurent Sandoz, CEO Eclipse