Der Kaffee auf dem Boden meiner Tasse wird langsam kalt. Kein Wunder, die Frage von der Journalistin Claudia Nuara während unseres Kaffeetreffens hat mich nachdenklich gemacht. Wie kann man einen so technischen Beruf in nur vier Jahren lernen? Für einen derart intensiven, komplexen und... stressigen Beruf ist es sicherlich zu kurz. Als Lehrbetrieb ist sich Eclipse sehr schnell bewusst geworden, dass es klare Rahmenbedingungen braucht, sodass die Personen, die sich auf eine Lehre einlassen wollen, über den eingeschlagenen Weg im Klaren sein müssen.

Aber der Job ist ziemlich cool oder? Fragt mich Claudia schelmisch und während sie ihren Espresso schlürft. Ja, wenn du flexibel bist und akzeptierst, dass dein Sozialleben zu anderen Zeiten stattfindet als das aller Anderen.

Ein Jahr um sich zu vergewissern

Bei Eclipse verlangen wir, dass die Person bereits seit ungefähr ein Jahr im Beruf tätig ist. Denn wenn die Ausbildung beginnt wirst du in den ersten beiden Monaten mit der ganzen Materie vertraut gemacht. Und wenn du im gegebenen Moment nicht verstehst warum, dann hältst du nicht durch! Die Person, die Veranstaltungsfachmann/-frau lernen möchte, wird bei uns eine einjährige Vorlehre absolvieren, um den Beruf mit all seinen Schwierigkeiten schon kennenzulernen. In der Vorausbildung ist keine Schule integriert. In diesem ersten Jahr soll ein Einblick in die Arbeit gegeben und ein Gespür dafür entwickelt werden. Die Person wird im Lager sein und logistische sowie unternehmerische Arbeiten erledigen. Dies erlaubt die eigene Motivation einzuschätzen, zu wissen, ob man bereit dazu ist, sich in den nächsten vier Jahren in die Ausbildung zu investieren und in jeder Schulstunde aufzupassen.

Erfahrung ist unersetzlich

Ich kann mir vorstellen, dass es besser wäre bereits Erfahrungen mitzubringen, bevor die Ausbildung angetreten wird, betont Claudia. Es ist ein grosser Pluspunkt ja, aber es ist auch schwierig, wieder die Schulbank zu drücken. Vor allen, da diese schwierig ist aufgrund der Menge und Komplexität der Materie (Licht, Ton, audiovisuell, Szene, Informatik, Netzwerk, Sicherheit,…). Man könnte für jede Materie bereits eine dreijährige Lehre machen! Immerhin haben die Lehrbetriebe alle erkannt, dass der Ausbildungsbeginn mit 15 Jahren ein Problem darstellt: Aus Fragen der Reife, Reglementierungen (Jugendarbeit) und Lebenserfahrung.

Den sozialen Aspekt erlernen

Wenn du nicht im Rampenlicht aufgewachsen bist ist es schwierig sich in der Bühnenwelt zurechtzufinden, analysiert Claudia. Daher sollte der Betrieb den Lehrling auf die sozialen Aspekte sensibilisieren: wo befindest du dich? In welchem Milieu (schauspielerisch, musikalisch, eventorganisatorisch, sportlich,…) bewegst du dich?
Die Regeln sind immer anders! Man muss lernen seinen Platz im Schatten einzunehmen, und zeitlich nicht gleich eigestellt zu sein wie die Anderen: Unregelmässige Arbeitszeiten managen, am Wochenende oder in der Nacht. Und die Tatsache akzeptieren an Orten zu arbeiten, wo die Leute ihre Freizeit verbringen und Feste feiern. Eben, und immer umgeben von Alkohol- und Drogenkonsum, wie schafft man es diesen Versuchungen zu wiederstehen? erwidert Claudia. Wir besprechen das Thema mit den Lehrlingen und vor allem zeigen wir uns als Vorbild. Wir haben klare und strikte Richtlinien betreffend Sicherheitsvorkehrungen und Arbeitsweise. Der Lehrling muss auch seine Grenzen kennenlernen. Musst du irgendein Tragwerk hinaufklettern und bist zu müde, musst du es sagen und unten bleiben. Nicht wachhaltende Medikamente konsumieren. Die Betreuung ist wichtig, erfahrene Mitarbeiter begleiten die Lehrlinge auf ihrem Weg.

Eine gelassene Einstellung

Der Beruf bringt ein grosses Mass an Stress mit sich, wie ist damit umzugehen? Fragt Claudia. Zu Beginn, nicht den Stress von Künstlern, Organisatoren oder dem Publikum auf sich übertragen. Wir lernen unseren Lehrlingen sich richtig vorzubereiten und nicht erst im letzten Moment einzutreffen. Immer einen Plan B im Kopf zu haben, die Problematiken zu analysieren und Lösungen zu finden. Wir lernen den Lehrlingen Fehler und Pannen zu beheben und zu relativieren. Und ja, es ist kein Weltuntergang. Die Person muss nicht in eine Depression verfallen, wenn der Ton mal vergessen wurde oder der falsche Knopf im falschen Moment gedrückt wurde. Ausserdem reduziert Stress die Sicherheit, man spricht überall und bei jeder Gelegenheit darüber. Dies bedingt, dass eine Person für vieles verantwortlich ist, sodass es sehr wichtig ist ihnen die Arbeitsmethoden und viel Sorgfalt im Umgang mit den Materialien beizubringen. Und zu verstehen, dass der Techniker auch zu gewissen Entscheidungen der Auftraggeber „Nein“ sagen muss. In vier Jahren wird der Veranstaltungsfachmann/-frau zum Meister der Gelassenheit, lacht Claudia. Nein, aber er wird gewisse Werkzeuge kennenlernen um seinen Weg zu wählen, live oder nicht, eher im Studio oder mit einer Begleitung zusammenzuarbeiten.

Es ist nie zu Ende

Die beruflichen Perspektiven für einen Veranstaltungsfachmann/-frau sehen gut aus oder? fragt Claudia. Sie werden immer besser, auch wenn man weder die Entwicklung dieses Berufs noch die zukünftigen Regelungen voraussehen kann. Aber es ist möglich, dass in Zukunft nur Personen mit diesem Titel bei Veranstaltungen wie Festivals oder in Institutionen arbeiten dürfen. In einigen Theatern ist dies schon jetzt der Fall. Aber einen Abschluss zu haben ist nicht alles. Die Arbeit wird immer komplexer, wir müssen immer auf dem Laufenden sein mit der Entwicklung der modernen Technik. Unser Ziel ist es, dass unsere Lehrlinge die ihre Ausbildung beenden, gelernt haben, wie man lernt und sich fortlaufend weiterentwickeln. All das in einem Kontext, in dem der Beruf sowohl in Bezug auf die Verantwortlichkeiten als auch finanziell noch aufgewertet werden muss.

Wie? Das wird das Thema eines anderen Kaffees sein, meine liebe Claudia!

Laurent Sandoz, CEO Eclipse